Anhörung zum umstrittenen „Wasserrettungszentrum“ im geschützten Alstervorland: Sicherheit ist auf der Alster gewährleistet / Hohe Bau- und zweifelhafte Beraterkosten / Fehlender Architekten-Wettbewerb / Rechtswidrige Genehmigung / Bürgerinitiative bietet Bezirk Kostenübernahme für Bauverzicht / Finanzsenator Andreas Dressel

Hamburg. Das von der Stadt Hamburg geplante umstrittene „Wasserrettungszentrum“ wird im Fall einer Realisierung ein € 1.000.000 Euro teurer Geräteschuppen im geschützten Alstervorland werden. Der Millionen-Kubus wurde vom Bauamt des Hamburger Bezirks Eimsbüttel unter Verstoß gegen die Außenalster-Verordnung genehmigt. Das ist das Ergebnis der Anhörung vom 19.10.2020 im Kerngebietsausschuß des Bezirks. An diesem Termin nahmen Vertreter der Bürgerinitiative Alte Wache Rabenstraße, die Hamburger Berufsfeuerwehr, die Wasserschutzpolizei und der Vertreter einer Hamburger Freiwilligenorganisation teil.

Anrainer gewährleisten Sicherheit

Etwa 86% der Motorboote für Hilfe und Rettung auf der Außenalster befinden sich im Bestand der Segel- und Ruderclubs sowie der Bootsverleiher an der Außenalster, wie die Bürgerinitiative, die von langjährigen Alsterseglern und Bootsverleihern unterstützt wird, ausführte. Diese führen praktisch das gesamte Rettungswesen sowohl im Tagesbetrieb als auch bei Großveranstaltungen durch. Damit gehört die Alster zu den sichersten Gewässern weltweit.

Dagegen hat der Hamburger Senat seit 2016 versäumt, seinen Bauwunsch mit einer eigenen empirischen Studie zum Rettungswesen auf der Alster zu begründen. Hilfsweise nimmt er in seiner Drucksache 21/19041 vom 19.11.2019 auf eine „ARGE Wasserrettung“ Bezug, die jedoch für das Hilfs- und Rettungswesen auf der Alster keine Bedeutung hat. Deren Mitglieder wie das THW und der ASB sind dort überhaupt nicht präsent.

Klartext sprach bereits im Juli 2020 ein Experte der Hamburger Berufsfeuerwehr. „Das Wasserrettungszentrum am Harvestehuder Weg wurde von der Politik vorgegeben. Kooperationen oder alternative Standorte wurden nicht untersucht“, sagte ein Projektmitarbeiter gegenüber der Bürgerinitiative.

Ähnlich sieht es Bodo Windeknecht, Inhaber von Bodos Bootssteg: „Ich arbeite seit 1956 täglich an der Außenalster und rette meine Segler selbst. Es gibt hier bereits genug Rettungskapazitäten seitens der Bootsverleiher, Segelclubs, Feuerwehr und Wasserschutzpolizei. Der Neubau ist überflüssig – dazu ist hier auch keiner gefragt worden.“

Warum ein angeblich lebenswichtiges „Wasserrettungszentrum“ nur an Wochenenden in der warmen Jahreszeit von Mai bis September besetzt sein und damit zu 88% – 96% leer stehen soll, blieb bei der Anhörung am 19.10.2020 offen. Von einer Sperrung der Alster für den Bootsverkehr in den anderen Zeiten war in der Anhörung nichts zu hören. Damit dient der Neubau im wesentlichen der Einlagerung von Material für die gelegentliche Nutzung, also als Geräteschuppen.

Ferner ist der Standort für Rettungszwecke ungeeignet: der nördliche Teil der Außenalster ist vom geplanten Standort aus nicht einsehbar.

Das geplante „Wasserrettungszentrum“ ist überteuert, Beratungskosten liegen bei 40% der Baukosten

Auf € 10.000 /m² BGF oder € 13.000 / m² Nutzfläche belaufen sich die gesamten Erstellungskosten von etwa € 1.000.000. Die Beratungskosten haben dabei einen Anteil von 40,2% an den Bau- und Technikkosten. Gegenüber dem Mittelsatz der HOAI sind die Beratungskosten damit um € 170.000 überhöht. Das ergibt sich aus dem vom Senat in seiner Drucksache 21/19041 vom 19.11.2019 veröffentlichten Budget und aus Berechnungen von unabhängigen Architekten. Das Budget wurde von der Sprinkenhof GmbH unter den Geschäftsführern Martin Görge und Jan Zunke erstellt und enthält darüber hinaus systematische und Rechenfehler.

Stadt versäumt Architekten-Wettbewerb

Der geplante Bau wurde von der Architektin Sibylle Kramer entworfen, die bereits in 2013 den Neubau einer „Wasserrettungsstation“ für die DLRG in Wittenberge an der Elbe entworfen hat. Die DLRG soll gelegentlicher Nutzer des geplanten Millionen-Kubus an der Außenalster werden.

Der geplante Millionen-Kubus wurde rechtswidrig genehmigt

Die Außenalster-Verordnung schreibt in § 2 vor: „Alle Bauvorhaben sind so zu gestalten, dass sie mit den vorhandenen Bauten in der Architektur, in der Dachausbildung und in den verwandten Baustoffen zusammengehörige Gruppen bilden“. Davon kann bei dem geplanten Millionen-Kubus keine Rede sein: er soll direkt neben der Alten Wasserschutzpolizeiwache, einem Satteldachgebäude aus Backstein und Sandstein, errichtet werden.

Die Baugenehmigung des Bezirks Eimsbüttel für den Kubus am Ufer der Außenalster verletzt damit den Rechtsgrundsatz der „Selbstbindung der Verwaltung“: für den Staat als Bauherrn gibt es keine Befreiung von staatlichen Vorschriften.

Angebote der Bürgerinitiative an Stadt und Bezirk

Währen der Anhörung hat die Bürgerinitiative eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen für das Rettungswesen auf der Alster präsentiert, die sich ohne wesentliche Zusatzkosten umsetzen lassen. Insbesondere können unnötige Einsatzfahrten der Freiwilligen Feuerwehr nach Anrufen von Passanten vermieden werden, wenn eine Abstimmung mit der Wasserschutzpolizei an der Außenalster erfolgt. Alle Vorschläge sollen im Rahmen eines Runden Tisches besprochen werden.

Die Bürgerinitiative hat dem Bezirk auch angeboten, für den Standort die Kosten für landschaftsschonende Planung und Bau eines behindertengerechten öffentlichen WCs zu übernehmen, wenn der Bezirk den Neubau des umstrittenen „Wasserrettungszentrums“ verhindert. Die WC-Anlage soll seit längerem durch den Bezirk errichtet werden. Mit dem umstrittenen „Wasserrettungszentrum“ hat der Bezirk die Aufgabe an die Stadt übertragen.

„Der geplante Neubau ist mit drei schweren Hypotheken belastet. Er ist unnötig, er ist überteuert und intransparent geplant und er verunstaltet das geschützte Alstervorland“, sagt Christoph Marloh von der Bürgerinitiative Alte Wache Rabenstraße. „Ein derart belastetes Projekt muß gestoppt werden. Bezirk und Stadt haben allen Grund, sich mit der Expertise der Alster-Anrainer und der Kostenübernahme der Bürger unter die Arme greifen zu lassen“.

Hintergrund

Die Bürgerinitiative Alte Wache Rabenstraße, Segelvereine und Bootsverleiher wollen das Ensemble um die Alte Wasserschutzpolizeiwache und das Alstervorland gegen Verunstaltung durch einen kubistischen Neubau schützen. Sie halten den Neubau für überteuert und am Bedarf vorbei geplant.

Unterstützt wird die Initiative von Dirigent Justus Frantz, von Alster-Urgestein und Bootsverleiher Bodo Windeknecht (Bodos Bootssteg) sowie von den Zeichnern der Petition „Rettet das Ensemble um die Wasserschutzpolizeiwache und den Alsteranleger Alte Rabenstraße“.

Aktuelle Informationen der Bürgerinitiative sind abrufbar unter: https://alster-ensemble.de/ und auf

Facebook unter https://www.facebook.com/groups/altewache

Pressekontakt:

Christoph Marloh

Bürgerinitiative Alte Wache Rabenstraße

Valentinskamp 18 / MBE119

20354 Hamburg

Email: ichrette@alster-ensemble.de

Fax: (040) 492 191 68